Trumps Aussagen zu Atomtests sind ein Spiel mit dem Feuer – von Juliane Hauschulz
Shownotes
Mit gewohnter Macho-Rhetorik hat Donald Trump in den Raum gestellt, die USA könnten wieder Atomwaffen testen. Trotz Richtigstellung reichen diese Worte aus, um die internationale Sicherheit zu untergraben und die Welt einem neuen Atomwettlauf auszusetzen.
Artikel vom 19. November 2025: https://jacobin.de/artikel/atomwaffen-krieg-frieden-diplomatie-trump-usa
Seit 2011 veröffentlicht JACOBIN täglich Kommentare und Analysen zu Politik und Gesellschaft, seit 2020 auch in deutscher Sprache. Die besten Beiträge gibt es als Audioformat zum Nachhören. Nur dank der Unterstützung von Magazin-Abonnentinnen und Abonnenten können wir unsere Arbeit machen, mehr Menschen erreichen und kostenlose Audio-Inhalte wie diesen produzieren. Und wenn Du schon ein Abo hast und mehr tun möchtest, kannst Du gerne auch etwas regelmäßig an uns spenden via www.jacobin.de/podcast.
Zu unseren anderen Kanälen: Instagram: www.instagram.com/jacobinmagde X: www.twitter.com/jacobinmagde YouTube: www.youtube.com/c/JacobinMagazin Webseite: www.jacobin.de
Transkript anzeigen
00:00:00: Trumps Aussagen zu Atomtests sind ein Spiel mit dem Feuer.
00:00:06: Mit gewohnter Macho-Rhetorik hat Donald Trump in den Raum gestellt, die USA könnten wieder Atomwaffen testen.
00:00:13: Trotz Richtigstellung reichen diese Worte aus, um die internationale Sicherheit zu untergraben und die Welt einem neuen Atom-Wettlauf auszusetzen.
00:00:29: Ende Oktober sorgte US-Präsident Donald Trump mit der Aussage, Die Vereinigten Staaten würden unverzüglich neue Atomwaffentests beginnen, international für Empörung.
00:00:39: Denn mit dem Detonieren von Atomwaffen zu Testswecken würden die USA ein Jahrzehntelanges Tabu brechen.
00:00:47: Erst mit mehrtägiger Verzögerung erklärte der zuständige US-Energieminister Chris Wright, dass lediglich Systemtests und Simulationen geplant sein und keine tatsächlichen Explosionen.
00:00:59: Doch schon die Ankündigung war ein gefährlicher Tabubruch.
00:01:02: der die internationale Rüstungskontrolle endgültig zerschlagen könnte.
00:01:07: Direkt nach der Ankündigung des US-Präsidenten herrschte erhebliche Verwirrung.
00:01:13: Trump hatte geschrieben, die USA würden in gleicher Weise testen wie andere Staaten.
00:01:18: Kurz zuvor hatte Russland mit der Erprobung der Unterwasserdrohne Poseidon für Aufmerksamkeit gesorgt.
00:01:26: Der Marschflugkörper Bure-Westnik wurde für einsatzbereit erklärt.
00:01:32: Beide Systeme laufen mit einem nuklearen Antrieb.
00:01:36: Auch wenn es sich nicht um Atomwaffen, sondern um Trägersysteme handelt, wurde das Signal in Washington als Machtdemonstration verstanden.
00:01:45: Entsprechend wurde spekuliert, ob Trump das Testen von Trägersystemen für Atomsprengköpfe meinen könnte.
00:01:52: Eine andere Vermutung war die Aufnahme sogenannte subkritischer Tests, wie sie Russland und vermutlich auch China durchführen.
00:02:00: Dabei handelt es sich um Experimente, bei denen zwar spaltbares Material, etwa Plutonium, zum Einsatz kommt, jedoch keine nukleare Kettenreaktion ausgelöst wird.
00:02:11: Es war absolut unverantwortlich von der US-Regierung, dass sie mehrere Tage verstreichen ließ, ehe sie die Äußerungen des Präsidenten präzisierte.
00:02:21: Denn damit heizte sie.
00:02:25: Spekulationen um tatsächliche Atomwaffentests im Sinne gezielter nukleare Explosionen weiter an.
00:02:33: Diese Möglichkeit sorgte in weiten Teilen der internationalen Gemeinschaft für einen berechtigten Aufschrei.
00:02:40: Zwar würde die Aufnahme solcher Tests enorme finanzielle Mittel und lange Vorlaufzeiten erfordern.
00:02:45: Voraussetzungen, die derzeit kaum gegeben sind.
00:02:48: Jedoch hatten Beratende aus Trumps Umfeld bereits im Projekt einem von rechten Vordenkern, zwei Tausend Dreiundzwanzig veröffentlichten Regierungsprogramm, die Ratifizierung des Atomtest-Stoppvertrags, CTBT, abgelehnt und sogar eine Wiederaufnahme von Atomtests in Aussicht gestellt.
00:03:10: Gerade vor diesem Hintergrund war die internationale Sorge berechtigt und kam die Richtigstellung des zuständigen Energieministers Chris Wright viel zu spät.
00:03:21: Warum Atomtests verpönt sind?
00:03:24: Die Durchführung von Atomwaffentests wäre ein bedrohlicher Rückschritt.
00:03:28: Die Tabuisierung von Atomtests ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die nicht für die populistische Inszenierung als starker Mann aufgegeben werden darf.
00:03:38: Ein Blick in die Geschichte verdeutlicht, welche Folgen Atomwaffentests haben.
00:03:43: Zwischen nineteenhundertfünfundvierzig und neunzehundertsechsundneunzig fanden weltweit über zweitausend solcher Tests statt.
00:03:51: Mehr als fünfhundert davon überirdisch.
00:03:54: Dabei wurden Atombomben bewusst zur Explosion gebracht, um ihre Wirkung zu erforschen und die Waffen weiterzuentwickeln.
00:04:02: Die Vereinigten Staaten führten ihre Tests bis nineteenhundertzwei und neunzig durch, vor allem auf den Marschelinseln im Pazifik und in der Wüste von Nevada, auf dem Land indigener Gruppen.
00:04:13: Ganze Gemeinschaften wurden umgesiedelt, Menschen als Versuchspersonen missbraucht und den Folgen von Strahlung und Kontamination schutzlos ausgesetzt.
00:04:23: Viele Betroffene leben bis heute mit gesundheitlichen Schäden, verseuchten Boden und einer zerstörten Heimat.
00:04:30: Trumps Ankündigung hat insbesondere in diesen Gemeinschaften Empörung ausgelöst.
00:04:35: Viele Überlebende fühlen sich retraumatisiert.
00:04:38: Die Angst vor einer Rückkehr jener Zeit, in der ihre Lebensräume und Körper für nukleare Experimente geopfert wurden, ist wieder spürbar.
00:04:47: Doch nicht nur die Testgebiete selbst, auch die übrige Welt litt unter den Auswirkungen.
00:04:53: Nach Schätzungen der medizinischen Friedensorganisation EPPNW, internationale Ärztinnen für die Verhütung des Atomkriegs, verursachen die bisherigen Tests langfristig rund zwei Komma vier Millionen zusätzliche Krebstote weltweit.
00:05:09: Die massiven Konsequenzen der Tests für Menschen und Umwelt rief weltweit Proteste von Betroffenen und zivilgesellschaftlichen Organisationen hervor, Die nineteenhundertsechsundneunzig zum Zustande kommen des umfassenden Atomteststoppvertrags, CTBT, beitrogen, der jegliche Atomtest verbietet.
00:05:28: Auch wenn er nie in Kraft trat, führte seither ausschließlich Nordkorea noch Atomwaffentests durch.
00:05:35: Gerade deshalb wirkt es umso schockierender, wie verhalten die Reaktion der Bundesregierung ausfiel.
00:05:41: Deutschland setzt sich seit Jahren für CTBT ein und blieb auffallend still.
00:05:46: Obwohl die Ankündigung neuer US-Atomwaffentests dieses zentrale Abkommen offen infrage stellte.
00:05:54: Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hart, äußerte sogar Verständnis für Atomwaffentests.
00:06:01: Noch vor der Richtigstellung, dass es sich nicht um nukleare Explosionen handeln soll, sagte er RTL und NTV.
00:06:09: zu einer umfassenden Modernisierung der Atomwaffenarsenale, gehören vielleicht auch Tests.
00:06:16: Solche Akzeptanz ist nicht nachvollziehbar.
00:06:20: Wer den internationalen Teststopp stets als Eckpfeiler globaler Sicherheit betont hat, kann die Rückkehr zu atomarer Machtdemonstration nicht einfach axelzuckend hinnehmen.
00:06:33: Die Folgen Die erwartbaren Folgen der verspäteten US-amerikanischen Richtigstellung und der zögerlichen Reaktionen durch Verbündete sind bereits sichtbar.
00:06:44: Russland kündigte an, Im Falle tatsächlicher US-Tests ebenfalls wieder mit Atomversuchen zu beginnen.
00:06:51: Entsprechende Pläne zu möglichen Tests auf dem Testgelände auf Novaya-Semlia sollen erarbeitet werden.
00:06:57: Auf der Insel wurden bereits von der Sowjetunion Atomwaffentests durchgeführt, darunter die größte nukleare Explosion überhaupt.
00:07:06: Für das Testgelände wurde die dortige Bevölkerung der Nenzen zwangsumgesiedelt.
00:07:11: Auch andere indigene Gruppen entlang der nördlichen russischen Küste wie etwa die halbnormadisch lebenden Samen, waren von der radioaktiven Kontamination betroffen.
00:07:21: Mit seinen Worten untergräbt Trump eine der fundamentalsten Normen der internationalen Sicherheit.
00:07:26: Selbst nach ihrer verspäteten Korrektur droht seine Ankündigung, sich zu einem gefährlichen neuen Kräftemessen zwischen den Atommächten zu entwickeln, einem Wettlauf, an dessen Ende erneut ein Atompilz am Horizont stehen könnte.
00:07:40: Nicht zuletzt, da es keineswegs ausgemacht ist, dass Trump es bei der Erklärung seines Energieministers belässt und nicht doch verbal weiter aufrüstet.
00:07:50: Statt dieser Macho-Rhetorik tatenlos zuzusehen, müsste die Bundesregierung jetzt klare Haltung zeigen und sich entschieden gegen jede Form von Atomwaffentests stellen.
00:08:00: Ebenso dringend ist ein deutliches Engagement für die Verlängerung des New-Start-Vertrages, der im Februar ausläuft.
00:08:08: Ohne eine Anschlussregelung könnten die strategischen Arsenalen der USA und Russlands wieder unkontrolliert wachsen.
00:08:14: Ein Schritt, der sich nahtlos in die ohnehin besorgniserregende Dynamik gegenseitiger Modernisierung und Aufrüstung einfügen würde.
Neuer Kommentar